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Die Frage, ob eine Mediation in einer Konfliktsituation Sinn machen würde, ist für viele, wenn sie sich die Frage überhaupt stellen, nicht leicht zu beantworten. Dieser Artikel stellt einige Fragen zur Verfügung, die helfen, eine solche Entscheidung informiert zu beantworten.
Menschen erleben Konflikte von frühster Kindheit an: Mit den Eltern, den Geschwistern, unter den Kita-FreundInnen, in der Schule usw. Diese "Konflikt-Schule des Lebens" ist für jede von uns auch eine Konfliktschule. Wir schauen uns Konfliktverhalten ab, kopieren es und probieren neue Strategien aus. In der Regel reicht das, um mit Alltagskonflikten mehr oder weniger gut zurecht zu kommen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wann es überhaupt sinnvoll erscheinen kann, professionelle Begleitung in einem Konflikt zu suchen. Wann macht es Sinn, eine Mediation zu machen? Gibt es Kriterien, die helfen, diese Entscheidung zu treffen? In diesem Text entwickle ich eine Checkliste, die hilft, diese Fragen zu beantworten.
Was macht der Konflikt mit mir?
Über die Definition und Analyse von Konflikten gibt es einen eigenen Artikel. Für die Entscheidung für oder wider eine Mediation ist es hilfreicher darauf zu schauen, wie der Konflikt erlebt wird. Für den Konfliktforscher Fritz Glasl ist die Kernfrage: "Habe ich einen Konflikt? oder Hat der Konflikt mich?" Dabei geht es um die Frage der Selbstführung. Wenn ich sachliche oder persönliche Differenzen habe, wenn "ich einen Konflikt habe", dann kann ich so handeln, dass mein Verhalten stets der Situation angemessen ist, ich kann abwägen, was ein gutes Vorgehen heißt, und auch die Postion der Konfliktpartnerin mit einbeziehen. Wenn aber der Konflikt mich hat", dann bin ich mehr und mehr wie fremdgesteuert, die Wahrnehmung der Situation und des Gegenübers ist verzerrt, bestimmte Interpretationen verfestigen sich und starke Emotionen lassen das Verhaltensrepertoire kleiner, stereotyper und unflexibler werden.
Fragen Sie sich in einer konkreten Konfliktsituation, ob sie den Konlfiktverlauf noch offen wahrnehmen, oder ob sich in ihre Gedanken bereits Untergangs- oder Zerstörungsphantasien eingeschlichen haben.
Geht es um die Inhalte oder den Konflikt selbst?
Konflikte fangen immer als sachliche oder persönliche Differenz an. Eine Partei nimmt eine Differenz im Denken oder Wollen der anderen Partei wahr und fühlt sich dadurch beeinträchtigt. Die Konflikte auf dieser Ebene lassen sich durch eine Aussprache gut beilegen. Eskalieren die Differenzen aber, dann nehmen die Beteiligten immer extremere Standpunkte ein. Die eigentliche Sachebene wird dann verlassen und es entsteht ein "Konflikt über den Konflikt": Jede Seite deutet die Differenzen und deren Ursachen anders, es kommt zu unterschiedlichen Lösungsvorschlägen, die jeweils von der anderen Seite abgewiesen werden. Dann ist der Konflikt einer über die Lösung des Konflikts. Auf dieser Stufe ist eine eigenständige Bearbeitung des Konflikts nicht mehr möglich, und es ist besser, professionelle Hilfe zu Rate zu ziehen.
Was ist die mittelfristige Perspektive?
In stark eskalierten Konflikten leidet das Vertrauen der Konfliktparteien stark. Unter diesen Umständen stellt sich die Frage, ob eine Fortführung der Beziehung wünschenswert ist. In einer Trennungs-Mediation beispielsweise ist es nicht das Ziel, die Trennung rückgängig zu machen, sondern die Trennung so gut wie möglich und im Sinne aller zu gestalten. In Arbeitsteams oder bei Nachbarschaftsstreitigkeiten ist der Abbruch der Beziehung nicht gewollt oder nicht möglich. Eine Mediation macht dann Sinn, wenn eine Fortführung der Beziehung gewünscht oder geboten ist.
Was passiert denn ohne einvernehmliche Einigung?
Eine wichtige Frage mit Blick auf Mediation ist für beide Konfliktparteien, was bestenfalls und schlechtestenfalls passieren würde, wenn sich nicht einvernehmlich geeinigt wird. Anders formuliert: Es geht um die realistische Einschätzung, was die günstigste und die ungünstigste Alternative zu einer Mediation in einer Situation wären. So kann es durchaus sein, dass eine Seite bestenfalls die Chancen sieht, den Konflikt einseitig zu "gewinnen", also sich durchzusetzen. Oder schlechtestenfalls eine langwieriges Gerichtsverfahren mit hohen Kosten und ungewissem Ausgang eingehen zu müssen. Wenn weder die beste noch die schlechteste Alternative attraktiv erscheinen, macht eine Mediation Sinn.
Was braucht es noch?
Diese Frage helfen, sich individuell zu entscheiden, ob eine professionelle Unterstützung durch Mediation helfen kann, den Ausweg aus einem eskalierten Konflikt zu finden. Ist die Entscheidung für einen solchen Schritt gefallen, so braucht es noch ein paar Schritte, damit die Mediation stattfinden kann: Dieser Schritt muss der anderen Konfliktpartei vorgeschlagen werden, und diese muss zustimmen. Nur wenn beide Parteien aus freien Stücken Sinn in einer Mediation sehen, kann sie gelingen. Zweitens muss eine kompetente Person gefunden werden, die ein Zertifikat im Bereich Mediation erworben hat. Hier kann es helfen, sich im Bekanntenkreis umzuhören, oder die Suchmaschine zu benutzen. Schließlich braucht es die Ressourcen Zeit und Geld. Wenn all das vorliegt, ist Mediation in vielen Fällen der Weg zu einer erfolgreichen Lösung schier unlösbarer Konflikte.

PDF - Ein "Nein" heißt zweimal "Ja"
Hier wird gezeigt, wie Sie nein sagen können ohne vor den Kopf zu stoßen.